Wer öfter zwischen Köln und Bonn pendeln muss, hält vielleicht wie ich mitunter an der Haltestelle Poststraße Rast. Dort, am Ende des Kölner Innenstadttunnels, habe ich gestern einen ururalten Witz ausgegraben bzw. enthüllt, dass der Witz kein Witz ist. „Sorry für die Verspätung, Herr Lehrer, aber meine Straßenbahn hatte einen Platten!“ Weiß man’s? Eine Untersuchung!
Vorgeschichte, mit schon ersten altklugen Bemerkungen
An einer Umsteigestation sitzt man, wenn man eine nach Bonn durchfahrende Linie nutzen möchte, zwischen 0 und 30 Minuten. Dies kann durch Faktoren wie dem Betriebsablauf, dem Bahnsteigwechsel oder auch dem eigenen oder fremden Zu- und Aussteigeverhalten variieren.
Wenn man den Bahnsteig in der Poststraße wechseln muss und man die Zeit hatte, sich in der Vorbahn den Waggon auszusuchen, sollte man ihn so wählen, dass man nahe der Treppen anhält. Denn auf die muss man nicht warten, im Gegensatz zum Paternoster an der gegenüberliegenden Seite.
Ich fuhr allerdings mitten in die Wartezeit hinein und saß also mir nichts, dir nichts, ganz friedlich auf einem Wartesitz und tüftelte an verschiedenen Lösungen, wie ich die Probleme der Welt zu lösen vermochte. Da änderte sich plötzlich der Text des Fahrtenstandanzeigers.
Niederflurbahn unter der Bahnsteigkante
„Nächste Bahn in 1 Minute – nicht einsteigen“ drängelte sich dort abrupt in die erste Zeile. Nun gut, das kommt häufiger vor, aber was dann mit Schrittgeschwindigkeit in den Bahnhof einfuhr, erinnerte mehr an eine eingesunkene Sandburg als an eine Tram.
Man sieht den verhältnismäßig tiefen Punkt des Türbetätigungsknopfs (man müsste sich auch als kleiner Mensch danach bücken) und auf hoffentlich, dass die Aufnahmefläche des Niederflurfahrzeugs unterhalb der Bahnsteigkante liegt.
Ein Einsteigen war ohnehin nicht vorgesehen – aber was fehlte dieser armen Tram? Ihre „Fühler“, also die Stromnehmer, berührten die Leitungen ganz normal. Ob es in einem größeren Winkel war, vermag ich nicht mehr zu sagen. Es kann aber sein.
Irgendetwas im Unterbau schien zu fehlen oder (temporär) anders zu sein. Also, wer kann helfen und sagen, was es hiermit auf sich hat? Schreibt es in die Kommentare unten!
Straßenbahn und Platten – wo taucht das sonst noch auf?
Googelt man ein bisschen, findet man zu „Straßenbahn hat Platten“ den besagten Schülerwitz, ein paar umgangssprachliche Formulierungen für jegliche Defekte eines street car, und – etwas erfreulicher – eine Meldung, dass Obdachlose in Bremen in bestimmten Teilen der dortigen Straßenbahnen jetzt Platte machen dürfen, also ihr Lager nachts aufschlagen können.
Die Suche nach „Tram Platte“ ergibt schon Sinnenhafteres: Neben einer Haltestelle in Zürich, die „Platte“ heißt, erfährt man allerlei über sogenannte Tramplatten, oder auch Gleistragplatten. Das sind Tragkörper aus Beton, die als Straße fungieren und gleichzeitig Gleise führen. Solche Betonplatten halt. Wieder was gelernt 🙂
Deine Straßenbahn hat Platten? Kein Grund zur Sorge!
So erfahren wir also, dass Straßenbahnen fast immer ein paar Platten ihr Eigen nennen, und zwar die, über die sie fahren! Das muss also nicht zwingend ein Grund sein, geplättet zu wirken.
Warum das Schienenfahrzeug (unbekannter Linie) jedoch derart unterirdisch fuhr, bleibt solange (noch) ein Geheimnis, bis, ja bis sich ein kundiger Leser findet, der Licht in den Innenstadttunnel bringt.
Zwei andere Fragen umtreiben mich dazu ebenfalls:
- Hätte man in eine tiefer liegende Bahn, in die man per Treppe einsteigt, also kein Niederflurfahrzeug darstellt, einsteigen dürfen – da der Boden ja eventuell mit dem Bahnsteig abgeschlossen hätte, wenn man Tritt und Treppe nicht ausführe?
- Hat es sich bei sogenannten Unterpflaster(straßen)bahnen in der Bauweise um solche Fahrzeuge gehandelt wie jenes von der KVB in diesem Artikel? Kam mir als weiterer Begriff beim Googeln unter.
Bis wir dazu Antworten bekommen, vergeht vielleicht eine Weile. Bis dahin sollten euch die weiterführenden Links aber gebührend unterhalten. Ich hoffe, die zweite Folge der Pendlergeschichten auf diesem Blog war unterirdisch gut, und ihr seid bei der dritten auch wieder dabei!
Update: Leserantwort 19.09.2015
Unser Leser Jürgen Eikelberg hat auf Google Plus in der Gruppe DB Bahn Community eine aufschlussreiche Erklärung geliefert:
„Nicht die Bahn hat einen Platten. In Köln gibt es die Hochflurigen Stadtbahnen und die niederflurigen Straßenbahnen.
Die Linien 16 und 18, die ja auch nach Bonn fahren, gehörten früher zur Köln-Bonner-Eisenbahn (die jetzt zur KBV gehört). Ab „Sülzgürtel“ (Linie 18) bzw. „Heinrich-Lübke-Ufer“ (Linie 16) sind die Strecken so genannte „Vollbahnstrecken“ nach EBO.
Sie fahren auch über die Station „Poststraße“ und gehören zum Hochflurnetz (wie auch die Linien 3, 4, 5, und 13). Dort sind auch entsprechende Bahnsteige eingerichtet. Auch die anderen Linien der Haltestelle „Poststraße“ (3 und 4) sind Hochflurfahrzeuge.
Da aber auch die Niederflurfahrzeuge die gleiche Spurweite (Normalspur 1.435 mm) und die gleiche Stromspannung (750 V Gleichstrom) haben können sie für Überführungsfahrten auch dort fahren.“
Vielen Dank, Jürgen!
Mehr Infos zu Straßenbahn und Platten aller Art
- Was sind Gleistragplatten? Stelcon GmbH erklärt
- Artikel über die Niederflurtechnik bei der Wikipedia
- Obdachlose dürfen Platte machen in Bremer Bussen und Trams – Artikel in der TAZ (2012)
- Alle Filme mit dem Schauspieler Rudolf Platte auf filmportal.de (=P)